Wolfgang Borchert (*1921 in Hamburg, †1947 in Basel) ist ein berühmter deutscher Schriftsteller und Vertreter der "Trümmerliteratur" nach dem 2. Weltkrieg. Er hat viele Kurzgeschichten geschrieben und wurde vor allem durch seinen Roman "Draußen vor Tür" bekannt. |
Wolfgang Borchert: Das Brot
Plötzlich wachte sie auf. Es war halb drei. Sie überlegte, warum sie aufgewacht war. Ach so! In der Küche hatte jemand gegen einen Stuhl gestoßen. Sie horchte nach der Küche. Es war still. Es war zu still und als sie mit der Hand über das Bett neben sich fuhr, fand sie es leer. Das war es, was es so besonders still gemacht hatte: sein Atem fehlte. Sie stand auf und tappte durch die dunkle Wohnung zur Küche. In der Küche trafen sie sich. Die Uhr war halb drei. Sie sah etwas Weißes am Küchenschrank stehen. Sie machte Licht. Sie standen sich im Hemd gegenüber. Nachts. Um halb drei. In der Küche.
Auf dem Küchentisch stand der Brotteller. Sie sah, dass er sich Brot abgeschnitten hatte. Das Messer lag noch neben dem Teller. Und auf der Decke lagen Brotkrümel. Wenn sie abends zu Bett gingen, machte sie immer das Tischtuch sauber. Jeden Abend. Aber nun lagen Krümel auf dem Tuch. Und das Messer lag da. Sie fühlte, wie die Kälte der Fliesen langsam an ihr hochkroch. Und sie sah von dem Teller weg.
"Ich dachte, hier wär was", sagte er und sah in der Küche umher.
"Ich habe auch was gehört", antwortete sie und dabei fand sie, dass er nachts im Hemd doch schon recht alt aussah. So alt wie er war. Dreiundsechzig. Tagsüber sah er manchmal jünger aus. Sie sieht doch schon alt aus, dachte er, im Hemd sieht sie doch ziemlich alt aus. Aber das liegt vielleicht an den Haaren. Bei den Frauen liegt das nachts immer an den Haaren. Die machen dann auf einmal so alt.
"Du hättest Schuhe anziehen sollen. So barfuß auf dem kalten Fliesen. Du erkältest dich noch."
Sie sah ihn nicht an, weil sie nicht ertragen konnte, dass er log. Dass er log, nachdem sie neununddreißig Jahre verheiratet waren.
"Ich dachte, hier wär was", sagte er noch einmal und sah wieder so sinnlos von einer Ecke in die andere, "ich hörte hier was. Da dachte ich, hier wär was."
"Ich hab auch was gehört. Aber es war wohl nichts." Sie stellte den Teller vom Tisch und schnippte die Krümel von der Decke. "Nein, es war wohl nichts", echote er unsicher. Sie kam ihm zu Hilfe: "Komm man. Das war wohl draußen. Komm man zu Bett. Du erkältest dich noch. Auf den kalten Fliesen."
Er sah zum Fenster hin. "Ja, das muss wohl draußen gewesen sein. Ich dachte, es wär hier." Sie hob die Hand zum Lichtschalter. Ich muss das Licht jetzt ausmachen, sonst muss ich nach dem Teller sehen, dachte sie. Ich darf doch nicht nach dem Teller sehen. "Komm man", sagte sie und machte das Licht aus," das war wohl draußen. Die Dachrinne schlägt immer bei Wind gegen die Wand. Es war sicher die Dachrinne. Bei Wind klappert sie immer."
GEDANKEN ZU WOLFGANG BORCHERTS "DAS BROT" |
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Die Hauptperson des Textes "Das Brot" hat heimlich ein Brotstück gebrochen. Er stahl es, um den Hunger zu beruhigen. Er hat nicht gefühlt, dass er auch ein Stück von der Frau gebrochen hat. Sie hat sich für ihn geopfert und die Lüge angenommen. Aber sie hat nichts zurückgebeten.
Elena Cebotari
Im Text "Das Brot" gibt der Verfasser dem Brot eine besondere Bedeutung. Das Brot ist ein Symbol des Selbsterhaltungstriebes, ist Auslöser des Konflikts. Das Brot ist wie eine Versuchung, es symbolisiert das Wenige, das wir brauchen, aber wie wichtig es ist. Unser ganzes Leben hängt von diesem Wenigen ab. Nur wenn wir das nicht haben, verstehen wir, wie wichtig es für uns ist und wie viel das bedeutet. Das ist ein Geschenk für uns. Also können wir sagen, dass das Brot überall in unserem Leben ist. Das Brot ist das Zeichen des Lebens. Es ist auch geistiges Essen.
Cristina Jamba
Was ist das Brot für den Menschen? Für jeden Menschen hat es verschiedene Bedeutungen. Das Brot symbolisiert nicht nur das Essen. Brot ist ein Symbol für das Leben und kann auch die Notwendigkeit darstellen, mit anderen Menschen zu teilen. Im Text "Das Brot" beschreibt der Autor das Leben nach dem Krieg. Das Brot war wie eine Ikone: Der größte Reichtum im Leben des Menschen.
Cristina Guţu
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